Strafkammer verhandelt mysteriöse Brandstiftung

Zehn Jahre danach …

Itzehoe/Brunsbüttel/Eddelak (fr) Unter dem Verdacht, gemeinschaftlich handelnd vorsätzlich die Gaststätte „Western-Story“ in Eddelak in der Nacht zum 22. September 1970 in Brand gelegt zu haben, um die nicht unbeträchtliche Versicherungssumme zu kassieren, müssen sich der inzwischen 42jährige Gastronom Egon R. und sein 37jähriger damaliger Geschäftsführer Gu nter W., beide aus Hamburg, vor der 1. Großen Strafkammer des Landgerichtes Itzehoe verantworten.
Sie werden beschuldigt, gemeinsam den Plan gefaßt zu haben, den Gunter W. dann in der fraglichen Nacht gegen 3.00 Uhr ausführte, während Egon R. mit seiner damaligen Verlobten, der inzwischen verstorbenen Ursula E., per Auto zu ihren Eltern nach Dortmund unterwegs war. Bereits 1972 war schon einmal Anklage gegen das Duo erhoben worden, jedoch das Verfahren damals nicht eröffnet. Erst aufgrund neuer Beweismittel durch Aussagen von Ursula E. und ihrem Vater kam erneut das Verfahren ins Rollen.
Vor dem Hintergrund, daß um 1970 herum in verstärktem Maße Brände von Discotheken in Westdeutschland, die wegen Betriebsunterbrechung hoch versichert waren, die Aufmerksamkeit der Ermittlungsbehörden erregten, wie der damals verantwortlich ermittelnde 1. Kripo-Hauptkommissar i. R. Ewald Werner als Zeuge aussagte, gewinnt der Prozeß besondere Bedeutung. Der Zeuge schilderte, daß der Angeklagte R. Anfang 1970 die Gaststätte in Eddelak kaufte, zur Disco umbaute, im Juli neben der übernbmmenen Gebäude- und Inventarversicherung die beträchtliche Betriebsunterbrechungsversicherung abschloß und
die Prämie nur drei Tage vor dem Brand bezahlte.
In ähnlichen Fällen hatte auch derselbe Hamburger Makler die Lokale vermittelt. Der jetzige Angeklagte habe damals über seinen Hamburger Anwalt Anzeige wegen Verdachts der Fremdbrandstiftung erstattet, und auch – ungefragt – für die Tatzeit ein Alibi angeboten. Es wurde von dem Brandsachverständigen einwandfrei Brandstiftung mit einem flüssigen Brandmittel festgestellt.
Wie der Kripo-Beamte i. R. weiter ausführte, habe der Angeklagte R. in Gegenwart seines Anwalts rd. 500 000 DM Schulden eingeräumt, die Versicherungssumme war ebenso hoch.
1972 wurde, wie erwähnt, das Verfahren eingestellt. Erst 1976 hatten sich die ehemalige Verlobte, damals verheiratet und im Mai d. J. verstorben und ihr Vater bei der Staatsanwaltschaft Itzehoe gemeldet, daß sie mehr sagen könnten, als damals geschehen. „Ihre Angaben und unsere Ermittlungen deckten sich genau“, sagte Kommissar Werner. Ursula E. habe unter einer panischen Angst gelitten, weil sie von Drohanrufen mit den Worten „Sieh Dich vor!“ u. ä. belästigt wurde. Es sei nicht Herr R. gewesen, aber jemand aus dem Umkreis, der um ihr Vorleben in Hamburg gewußt haben mußte. R. soll zu Ursula E. gesagt haben, er kaufe die Gaststätte nur, um sie in die Luft zu jagen. „Wir kassieren die Summe und fahren nach Kanada“ soll sein Versprechen gewesen sein. Es war von flüssigem Bohnerwachs, Benzin und einer Kerze bei einem Gespräch, das die Verstorbene hörte, die Rede. Die Verhandlung wird am kommenden Montag mit der Vernehmung weiterer Zeugen fortgesetzt.