Weitere Zeugenaussagen im Brandstifter-Prozeß

Bohner-Kolleg im Gerichtssaal

Itzehoe/Eddelak (fr) In dem Prozeß gegen die beiden wegen Verdachts der gemeinschaftlichen vorsätzlichen Brandstiftung und des Versicherungsbetruges angeklagten Hamburger, Gastronom Egon R. und Geschäftsführer Gunter W., stand am Verhandlungstag ein kleines Kolleg über Bohnern und Bohnerwachs im Mittelpunkt. Wie bereits berichtet, geht es in diesem ungewöhnlichen Verfahren vor der I. Großen Strafkammer des Landgerichtes Itzehoe unter Vorsitz von Richter Manfred Selbmann um die Bemühungen, Licht in das Dunkel einer Brandnacht vor zehn Jahren zu bringen; denn die Gaststätte „Western-Story“ in Eddelak in der Süderstraße ging vor genau jetzt zehn Jahren, am 12. September in Flammen auf.

Angeklagter Egon R., Inhaber der Gaststätte, hatte selbst Anzeige wegen vorsätzlicher Brandstiftung gegen Unbekannt gestellt. Ein damals gegen ihn anhängiges Verfahren wurde von der Kammer nicht eröffnet, weil die Beweismittel nicht ausreichend erschienen. Erst als 1976 die frühere Verlobte Ursula Sch., die im Juni dieses Jahres verstorben ist, zusammen mit ihrem Vater „auspackte“, kam das Verfahren erneut ins Rollen und wird gegenwärtig verhandelt. Stand die Vernehmung des die Ermittlungen verantwortlich leitenden Kripo-Beamten Ewald W. am letzten Verhandlungstag im Mittelpunkt, so war es jetzt eine 58jährige Putzfrau aus Dingen, die energisch bestritt, jemals Bohnerwachs verwendet zu haben. Ihre Erinnerung war nicht groß. Ob es gescheuerter Boden, Parkett oder Kunststoff gewesen sei, konnte -de nicht beantworten. Sie wußte nur, Tische mit feuchtem Lappen und auch
den Boden gewischt zu haben. „In einen Raum durfte ich nicht rein, was er sein Kontor nannte, bin ich auch nie gewesen“, beteuerte die Zeugin. •
Dem stand die polizeiliche Aussage des Angeklagten W. gegenüber, der ausgesagt hatte: „Die Tanzfläche mußte jeden Tag gebohnert werden, sonst konnte man nicht drauf tanzen.“ Jetzt wieder sagte er: „Es war nur einmal eingebohnert worden!“ Es ging um den Bohnergeruch und den Einkauf von flüssigem Bohnerwachs in Itzehoe, gleich zwei große Kanister voll. Die Zeugin der Itzehoer Drogerie hatte Gunter W. im Gerichtssaal sofort wiedererkannt und sich genau an die Umstände erinnert. Und der Brandsachverständige hatte damals ermittelt, daß mit großer Wahrscheinlichkeit ein flüssiges Brandmittel verwendet worden sei.
Daß die Putzfrau eine Wut auf den Angeklagten habe, weil er ihr noch 180 Mark schulde, räumte Frau B. ein. „Aber ich kann vor Gericht doch nicht lügen, das ist alles wahr, was ich sage“, entsetzte sich die Zeugin. Daß sie die Tanzfläche gefeudelt und nie gebohnert habe, ging auch aus früheren Vernehmungen hervor.
Über den verhinderten Auftritt von Riggi Shane gab der Engländer Simon H. aus Hamburg eine schillernde Milieuschilderung. Als Zeuge für die Zeitbestimmung wurde ein baver Lehrer gehört, der als Soldat in Pinneberg zur „leichten Muse“ -mit Obenohne-Auftritten lockere Beziehungen geknüpft hatte. Interessant waren die Aussagen des Versicherungsangestellten der Gothaer Versicherung, Köln, zur Auszahlung der Belohnung an den Vater der Kronzeugin. Die Verhandlung wird am kommenden Montag fortgesetzt.